Queer but not queer-only: Warum queere Literatur nicht mehr exklusiv ist

Als queerer Autor habe ich lange erlebt, dass queere Geschichten oft in zwei Schubladen gepackt wurden: Entweder drehten sie sich ausschließlich ums Queersein – Coming-out, Mobbing, Identitätssuche – oder sie kamen gar nicht erst vor. Heute verändert sich das Bild allmählich. Immer mehr Bücher zeigen queere Figuren einfach als Teil der Handlung. Sie dürfen Hauptfiguren sein, Nebenfiguren oder einfach dazugehören, ohne dass ihre Identität oder Sexualität zum Plotkern wird.

Queere Literatur ist längst nicht mehr nur für queere Leser:innen. Sie erzählt Geschichten, die alle fühlen: Liebe, Verlust, Freundschaft, Abenteuer, Mystery. Das löst Emotionen aus, die jeder Mensch nachvollziehen kann, unabhängig von Identität oder Sexualität. Queere Literatur kann heute offen, inklusiv und zugänglich sein. Manche Bücher beleuchten explizit queere Erfahrungen. Andere lassen queere Figuren einfach existieren, ohne dass ihre Identität erklärt oder diskutiert wird. Beides ist wichtig und hat seinen Platz.

Self-Publishing spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir leben in einer Zeit, in der man keinen Verlag mehr braucht, um eine Geschichte sichtbar zu machen. Das bedeutet nicht, dass Verlage überflüssig sind, aber sie sind längst nicht mehr die einzige Tür, die es zu öffnen gilt. Self-Publishing gibt Autor:innen die Freiheit, ihre queeren Geschichten so zu erzählen, wie sie gemeint sind: ungekürzt, unverfälscht, authentisch. Niemand streicht Nebenfiguren, niemand glättet Ecken und Kanten, niemand rät dazu, eine Figur umzuschreiben, um „marktgerechter“ zu wirken.

Das klassische Verlagswesen hat nach wie vor viel zu bieten. Aber Self-Publishing bietet etwas, das dort oft fehlt: absolute Kontrolle. Wir entscheiden über Inhalt, Cover, Marketing und Zielgruppe. Wir erreichen Leser:innen direkt und ohne Filter, ohne den Umweg über programmatische Entscheidungen. Und genau deshalb ist Self-Publishing gerade für queere Autor:innen so wichtig: Es ist nicht nur eine Veröffentlichungsform, sondern ein Werkzeug für Sichtbarkeit und Selbstbestimmung.

Für mich ist entscheidend: Queere Literatur sollte nicht als exklusive Nische wahrgenommen werden. Sie ist kein „Sondergenre“, das nur eine bestimmte Gruppe anspricht. Sie ist Teil der großen gemeinsamen Literaturwelt. Und genau darin liegt ihre Stärke: Sie ist offen für alle, lädt ein und erweitert die Vielfalt an Perspektiven – ohne Barrieren aufzubauen.

Durch Self-Publishing erscheint mein eigener queerer Debütroman in drei Tagen. Ohne diese Möglichkeit würde meine Geschichte über Verbindung, Identität und Selbstbestimmung im Urban-Fantasy-Bereich wahrscheinlich kaum oder gar keine Sichtbarkeit bekommen – es sei denn, ich hätte aus einem meiner beiden männlichen Protagonisten eine weiblich gelesene Figur gemacht. Das wäre natürlich möglich gewesen, aber es wäre nicht mehr meine Geschichte. Genau deshalb bin ich froh, dass Self-Publishing existiert. Es ist keine Notlösung, weil ein Verlag abgelehnt hat. Es ist eine bewusste Entscheidung, volle Kontrolle über Inhalt, Cover und Marketing zu behalten – und genau das macht es so wichtig.

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