Warum Magie immer politisch ist

Der Satz »Politik hat in Fantasy nichts zu suchen« ist allgegenwärtig. Und jedes Mal denke ich mir, wie falsch das eigentlich ist, denn Magie war nie unpolitisch.

Magie bzw. Fantasy war schon immer ein Spiegel dessen, was unsere Gesellschaft ausmacht: Macht, Freiheit, Identität, Moral – nur eben in anderer Form.

Magie war nie neutral. Wer als Hexe galt, wurde nicht verfolgt, weil sie tatsächlich zaubern konnte, sondern weil sie Wissen besaß. Weil sie unabhängig war. Weil sie eine Frau war. Das hatte nichts mit Übernatürlicher Strafverfolgung zu tun, sondern schlichtweg mit Kontrolle. Mit Angst vor Selbstbestimmung.

Genau deshalb ist Magie in Geschichten so aufgeladen. Sie steht für Freiheit, für Wissen, für die Macht über den eigenen Körper und für alles, was Systeme bedroht, die Menschen kleinzuhalten versuchen. Das ist keine moderne Leseart, sondern schon immer Teil des Mythos.

Auch die Idee von Gut und Böse funktioniert nicht außerhalb von Politik. Wer entscheidet überhaupt, was böse ist? In vielen Geschichten sind es die Anderen: Hexen, Vampire, Werwölfe, Fremde, Queere, Mutige, die verurteilt werden, weil sie nicht ins Schema passen.

Fantasy erzählt deshalb oft genau das, was reale Gesellschaften verdrängen: Wie wir mit Vielfalt umgehen. Wie wir über Macht denken. Wie wir Angst vor dem Fremden in Feindbilder verwandeln.

Mir persönlich gefällt daran, dass Fantasy kein Lehrbuch ist, sondern ein Resonanzraum. Sie zwingt dich nicht, Position zu beziehen. Sie zeigt dir nur, was passiert, wenn du es nicht tust. Sie gibt Figuren eine Stimme, die in der echten Welt oft keine haben – und das ist politisch, selbst wenn es sich nicht so nennt.

Mein Fazit: Fantasy sollte gar nicht unpolitisch sein. Sie darf unbequem sein, darf Fragen stellen, darf herausfordern. Das ist Teil ihrer Stärke.

Fantasy ist nie nur Flucht. Sie ist immer auch ein Blick zurück auf uns selbst.

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